Dienstag, 14. Juli 2009

Kleine Adaptionen

Inzwischen sind wir aus Xinjiang raus und sitzen in Golmud, einem kleinen Nest ca 1000km noerdlich von Lhasa und warten auf unseren Zug, der uns Stueck fuer Stueck nach Hong Kong bringen wird...Eigentlich sollte es ja von hier aus nach Lhasa und dann nach Nepal gehen, aber nach den Ereignissen in Urumqi wurden die Bestimmungen auch fuer Tibet noch einmal verschaerft, so dass wir uns dort nicht mehr frei bewegen koennten, einen teuren Jeep mit Fahrer und Guide mieten muessten und das sind wir einfach nicht bereit zu zahlen und ausserdem wollen wir nicht durch Tibet an der Hand gefuehrt werden...Und somit geht es in den Sueden nach Hong Kong und von dort direkt nach Neu Delhi. Auch schoen!



Es war schon spannend auf der Route entlang der suedlichen Seidenstrasse, ein wenig mulmig allerdings auch. Ueber Handy erfuhren wir von den Unruhen in Urumqi, wollten selbst ein wenig im Netz nachrecherchieren und mussten erfahren, dass das Internet in ganz Xinjiang abgestellt war. Keine Kommunikation moeglich. Am naechsten Tag stellten wir dann fest, dass auch das Handynetz weitestgehend lahm gelegt worden war - ausser Inlandstelefonaten und mit ein wenig Glueck auch Anrufen aus dem Ausland ging nix mehr. Keine SMS nirgends hin und ins Ausland telefonieren auch nicht. Schon komisch, wenn so mehr oder weniger von der Aussenwelt abgeschlossen ist...In den Staedten patroullierten auch mehr Polizisten als sonst, an fast jeder groesseren Kreuzung stand mindestens ein Polizist und auch das Militaer zeigte mehr Praesenz indem es tagsueber mal eben einen Ausflug durch die Stadt machte oder Abends eine Gruppe Soldaten lautstark die Hauptstrasse entlang "spazierte". Zwischen den Staedten musste der Bus auch immer wieder an Kontrollpunkten anhalten und alle durften ihre Dokumente zeigen - offensichtlich suchten sie auch noch nach einigen Leuten, da Photos von Einzelpersonen an diesen Kontrollpunkten hingen. Schon eher unangenehm. Uns hat aber keiner genervt, bloede angemacht oder anderweitig belaestigt.


Die suedliche Route entlang der Taklamakan Wueste ist sonst einfach grossartig und spannend. Dort unten ist das Kerngebiet der Uighuren und man faehrt an vielen kleinen Doerfern vorbei, die zu 90 Prozent aus Lehmziegelhuetten bestehen. Es geht stundenlang durch die Wueste, an Sandduenen vorbei, ueber (noch) unausgebaute Wuestenpisten und sobald ein kleiner oder groesserer Fluss die Wueste durchkaemmt wird es gruen, die Felder sind dicht bewachsen und jede Menge Ziegen und aehnliches Viehzeugs huepft durch die Gegend.

Unser erster Stopp war in Yarkand, wo wir uns unbedingt den Sonntagsmarkt ansehen wollten. Yarkand ist geteilt in einen Chinesischen und einen Uighurischen Part, wobei letzterer fuer uns natuerlich weitaus interessanter ist. Wir machten uns gegen mittag auf zum Markt und es war unschwer zu erkennen, wo wir lang mussten - hunderte an kleinen E-Rickscha-Taxis pesten an uns mit Kind und Kegel und Ziegen und Kuehen und Schafen und Krims Krams und Fruechten entlang der Fleder vorbei. Auf dem Markt war totales Chaos, Menschenmassen, Eselskarren ueberall, Staub und Dreck, Fressbuden zu Hauf, "Boutiquen", Kuechenkrams und am Besten: ein Viehmarkt!! Da konnten wir es dann auch nicht unterlassen, mal die Preise zu erfragen: kleine Kueken gibt es schon fuer 35 cent, Esel fuer 2 Euro (kam uns allerdings etwas zu billig vor...), Schafe ab 130 Euro, Kuehe ab 300 und, am Besten von allen, Kamele ab 500 Euro!
In Yarkand kam auch die naechste Nationalitaet hervor, als die wir durchgehen koennten: als Pakistanis! Bis jetzt haetten wir Amis, Russen, alle moeglichen Europaer, Uighuren (!!!) durchgehen koennen. Dort wurden wir tatsaechlich gefragt, ob wir Pakistanis waeren...

Weiter ging's dann nach Hotan, dem Jadezentrum Chinas, wo wir uns eine Teppich- und eine traditionelle Seidenfabrik angeschaut haben. Ich wusste gar nicht, dass Teppiche knuepfen so eine ewige Prozedur ist und dass Seide eigentlich von jedem Tierschuetzer boikottiert werden muesste - die Kochen die armen Seidenraubenlarven einfach aus ihren Kokons raus und wickeln die Seidenfaeden auf. Danach sind alle Seidenraubenlarven totgekocht. Ganz schoene Sauerei!
Hotan ist sonst ein weiteres wunderbares Beispiel fuer Chinesische Umsiedlungspolitik: Der Grossteil der Bevoelkerung sind laengst Han, es gibt eindeutig Han bzw Uighuren dominierte Ecken, dar groesste Gebaeudekomplex ist die Militaerkaserne und auf dem obligatorischen Volksplatz steht eine riesen Statue von Mao wie er einem Uighuren die Hand schuettelt.

Naja, und eben ueberall die Parteifloskeln darueber, wie jeder einzelne seine Verantwortung zum Aufbau einer harmonischen Gesellschaft traegt, wie die Partei fuer die Bildung und somit den Fortschritt der Gesellschaft sorgt und wie jeder das Vaterland, die Partei, das Volk und seine Heimatstadt lieben soll.


Weiter ging's ueber Keriya mit seiner wunderschoenen uighurischen Altstadt, nach Cherchen und Charkilik. In den Orten selbst ist nichts los und wir haben dort nur die Naechte verbracht. Der letzte Part nach Golmud sollte noch ein Abenteuer werden. Erst ging's stundenlang ueber Wuestenpisten (die Chinesen erneuern Strassen nicht Abschnittsweise sondern immer gleich 100km auf einmal...und dann geht's quer durch die Wueste entlang der Strasse...)bis in die letzte Ortschaft in Xinjiang um dann von dort den letzten Bus Richtung Golmud zu nehmen.

Das war wieder so ein ueberalterter, ueberladener Bus und irgendwann musste es auf diesen Strassen ja passieren - 15km hinter der Ortschaft riss die Radaufhaengung ab und der Bus war hin...Netterweise existiert die Ortschaft da oben allerdings nur, da dort oben, ratet mal was!!! abgebaut wurde...Asbest verdammte Kacke!

Das war ne Asbestmine und wir mitten drin! Zum Glueck kannten ein paar Chinesen die Nummer vom Taxiunternehmen im naechsten Ort (eine Oelarbeiterstadt...) und somit sassen wir nur ca 2 Stunden dort fest und fuhren dann die letzten 70km in die Provinz Qinghai mit dem Taxi an Oelpumpen, Raffinerien und Oelpfuetzen vorbei...Aber schoene Berge gab's im Hintergrund und so eine wuestenaehnliche Hochebene hat schon so ihre Reize!
Hals und Beinbruch.

Der Franz

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Kleiner, sind wieder hier und lesen ganz gespannt den neuen Reisebericht. Mit dem Zug nach Hong Kong ist ja eine tolle Idee. SMS und Mail müßten je nun angekommen sein. OMPO

Unknown hat gesagt…

Na Du! Habe in den letzten Wochen immer mit der Nachricht vom ersten Deutschen Steinewerfer in chinesischen Gewarsam gerechnet, und jetzt wo ihr nach Süden abgedreht seid weiß ich wieso nüscht kam...Toll, berichte weiter so... mit den Eindrücken, die man so von deinen Bildern erhält will man sofort los. Wie ist das wohl so wenn man sich überall mit Händen und Füßen unterhalten muss??? Hay, und betont eure langen Nasen, sonst hält man euch auch im Süden für Uiguren und die werden ja momentan gelyncht...franzIS

Frau T. hat gesagt…

Ich glaube trotzdem weiter an den Seidenbaum. Basta!

Hey, Du bald Rückkehrer! Viel Spaß noch auf den letzten Metern.