Dienstag, 28. Juli 2009

Aus der Wueste durch die Tropen zu Mother India

Watt'n Ritt. Das ging alles ganz schoen fix letzten 8 Tage oder so. Eben noch in Xinjiang bei den Uighuren in der Wueste gewesen, dann ueber Golmud und Lanzhou den ersten Kreis geschlossen, dann 37 Stunden Zugfahrt knapp 3000km einmal quer durch China bis nach Guangzhou, dann Hong Kong, Macao und jetzt Delhi. Ein Brett vor den Kopf nach dem anderen - kulturweise, klimatechnisch, preislich.

In Guangzhou fing der Westen an. Als Sonderwirtschaftszone Chinas schon lange voller Westler, teure Unterkuenfte, Restaurants, Glasbauten, modernste U-Bahn UND: nen fetten teller voller Bratwuerste!!! Da gab's eine deutsche Kneipe ganz klassisch und da hab ich mich wie noch nie auf Bratwurst gestuerzt! Grossartig! Guangzhou liegt nun auch schon in den Subtropen, entsprechend schwuel-heiss war es dort und nach der trockenen Wueste bzw der klaren Gebirgsluft doch eher unangenehm. War aber erst der Anfang...Guangzhou liegt schoen am Perlfluss mit vielen Parks, Tempeln, Graebern. Wir haben uns den Orchideenpark angeschaut, in dem man sehr angenehm einen ganzen Tag Tee trinken verbringen kann. Guangzhou war aber nur ganz kurz.

Am naechsten Tag ging's schon raus aus China!!! Mit dem Expresszug vorbei an Reisfeldern, Fischteichen und tristen Wohnsilos bis Shenzhen und von dort zu Fuss in die Freiheit! So hat es sich jedenfalls angefuehlt nach geblockten Internetseiten, Strassenkontrollen, Propaganda usw. Und zack, waren wir in Hong Kong. Als ich das erste Mal vor ca 6 Jahren dort war, fand ich es nur graesslich, jetzt finde ich es noch immer graesslich, aber auch einfach geil. Ist zwar kein schoenes Wort, aber 'geil' beschreibt die Stadt ganz gut. Oder einfach Angeber. Die Stadt hat alles: unberuehrte Tropenwaelder durch die man tagelange Trekkingtouren machen kann, wunderschoen Sandstraende, an denen man grillen und riesen Containerschiffe draussen auf dem Meer vor den vielen hundert kleinen Inseln beobachten kann, kleine verlassene Fischerdoerfer, die man nur per Boot oder eben zu Fuss durch den Wald erreicht und natuerlich den Part, den alle kennen - die monstroese Glassbetonwueste. Aber auch der Part ist irgendwie einfach geil. Unter 40 Stock hoch ist da nicht viel, die ganze Welt rennt dort rum, die Schoenen und Reichen zeigen wie schoen und reich sie sind, die Porsche-, Maserati- und Ferraridichte wird dort mit eine der hoechsten sein, die Villen auf den Huegeln mit Meeresblick fangen bei 3Mio an. Aber als so kleiner Budget-Tourist hat man in Hong Kong ganz schoen zu knabbern. Eine Unterkunft finden ist nicht einfach, zu normalen Preisen essen ist auch schwer und selbst der oeffentliche Verkehr schmerzt im Portmonnaie. Aber mit richtig viel Geld macht Hong Kong auf jeden Fall einen Hoellenspass!

Und da mir nun einmal grad in der Ecke waren, sind wir eben fuer einen Tag und eine Nacht auch mal eben mit dem Boot rueber nach Macao. So richtig viel los ist mit Macao aber nicht. Ausser, dass dort ein Casino am naechsten steht (im Venetian waren wir mal drin - da haben die Deppen doch tatsaechlich Venedig IM Hotel nachgebaut...) kann man da nicht viel machen. Die portugisischen Puddingtoertchen waren lecker, die Straende aber schlecht und auch nach 3 Stunden Suche hatten wir noch keine Kneipe fuer einen kuehlen Drink gefunden...Das findet alles in den Casinos statt...

Von Macao sind wir dann wieder nach Hong Kong eingereist aber auch nur, um dann am Abend nach New Delhi zu fliegen. Ich wusste ja, dass es mich irgendwann einmal nach Indien verschlagen wird, aber dass ich von Hong Kong da rueber fliegen wuerde...Ditt is schon verrueckt. Da kauft man mitten in der chinesischen Pampa einfach mal eben fix ein Flugticket und fliegt fuenf Tage spaeter. Is doch ne verrueckte Welt, oder? Jedenfalls so als Teil der previligierten - wieviel sind's? - 2 Prozent...

Und da waren wir, in Indien. Hier versuchen sie einen mindestens genauso, wie in China ueber's Ohr zu hauen und man muss immer ganz schoen viel diskutieren. New Delhi kocht. Von der Entwicklung her in meinen Augen ca 20 Jahre oder mehr hinter Beijing (nehme Beijing, weil es eben auch Haupstadt ist...) ist das Chaos 3 Mal so gross, der Krach und Staub, der sich so schoen mit dem ewigen Schweiss auf ganzen Koerper vermischt, bestimmt doppelt so belastend, aber es ist faszinierend. Wir wohnen ziemlich im Zentrum, sind schon drei Mal umgezogen und morgen geht's auf zum Taj Mahal. Hier flitzen alle moeglichen Westler rum - von den ganz klischeehaften "Austeigern" (im folgenden von mir - vielleicht zu unrecht - HOF, Hesse-Ohm-Fraktion genannt) ueber Familien zu Rollstuhlfahrern und jeder sucht "sein" Indien. Es ist faszinierend, wie sehr Indien (also Delhi) auf den Westler eingestellt ist, obwohl es doch so sehr hinter der materiellen Entwicklung Chinas hinterher haengt. In China war es doch recht schwer mal ein 'Westlerfruehstueck' zu bekommen, hier schreit es mir an jeder Ecke entgegen. Wahrscheinlich noch ueberbleibsel aus den Zeiten des Empire oder eben einfach Resultat des Fakts, dass Indien nicht erst seit 1980 offen ist. Bestimmt eine Mischung.
In einem Sikh-Tempel hier haben wir auch schon eine komplette Einfuehrung in Denk-, Glaubens- und Lebensweise der Sikhs durch einen Sikh erhalten. War sehr spannend. Wir sassen einfach in diesem Tempel und guckten uns die Zeremonie an, da setze sich ein aelterer Sikh zu uns, ermunterte uns ihm doch zur kostenfreien Essensausgabe im Tempel zu folgen und teilzunehmen, zeigte uns den ganzen Tempel und danach noch das an den Tempel gekoppelte Museum, das einmal die ganze Geschichte des Sikhismus darstellt. War sehr interessant, auch wenn ich der Sache leicht skeptisch gegenueber stehe. Ich glaube, er wollte vor allem mich bekehren, da ich ja nunmal schon einen Bart trage und lange Haare haben - also die Grundvorraussetzung fuer einen guten Sikh schon erfuellt habe.
Ich merke, dass ich hier extrem sprunghaft und chaotisch schreibe, was daran liegen mag, dass zum Einen Delhi so chaotisch ist und ich mich zum Anderen noch etwas verloren hier fuehle - hab noch nicht so richtig rausbekommen, wie Indien funktioniert, was Wahrheit und was Touriverarsche ist. Hier trifft sich alle Welt, jeder will jeden Bekehren, jedem das Geld aus der Tasche ziehen aber das Essen ist unwahrscheinlich lecker!

Und damit sei's genug fuer heute. Sorry, dass ich keine Bilder hochgeladen habe, aber das kommt vielleicht noch.

Der Franz

Dienstag, 14. Juli 2009

Kleine Adaptionen

Inzwischen sind wir aus Xinjiang raus und sitzen in Golmud, einem kleinen Nest ca 1000km noerdlich von Lhasa und warten auf unseren Zug, der uns Stueck fuer Stueck nach Hong Kong bringen wird...Eigentlich sollte es ja von hier aus nach Lhasa und dann nach Nepal gehen, aber nach den Ereignissen in Urumqi wurden die Bestimmungen auch fuer Tibet noch einmal verschaerft, so dass wir uns dort nicht mehr frei bewegen koennten, einen teuren Jeep mit Fahrer und Guide mieten muessten und das sind wir einfach nicht bereit zu zahlen und ausserdem wollen wir nicht durch Tibet an der Hand gefuehrt werden...Und somit geht es in den Sueden nach Hong Kong und von dort direkt nach Neu Delhi. Auch schoen!



Es war schon spannend auf der Route entlang der suedlichen Seidenstrasse, ein wenig mulmig allerdings auch. Ueber Handy erfuhren wir von den Unruhen in Urumqi, wollten selbst ein wenig im Netz nachrecherchieren und mussten erfahren, dass das Internet in ganz Xinjiang abgestellt war. Keine Kommunikation moeglich. Am naechsten Tag stellten wir dann fest, dass auch das Handynetz weitestgehend lahm gelegt worden war - ausser Inlandstelefonaten und mit ein wenig Glueck auch Anrufen aus dem Ausland ging nix mehr. Keine SMS nirgends hin und ins Ausland telefonieren auch nicht. Schon komisch, wenn so mehr oder weniger von der Aussenwelt abgeschlossen ist...In den Staedten patroullierten auch mehr Polizisten als sonst, an fast jeder groesseren Kreuzung stand mindestens ein Polizist und auch das Militaer zeigte mehr Praesenz indem es tagsueber mal eben einen Ausflug durch die Stadt machte oder Abends eine Gruppe Soldaten lautstark die Hauptstrasse entlang "spazierte". Zwischen den Staedten musste der Bus auch immer wieder an Kontrollpunkten anhalten und alle durften ihre Dokumente zeigen - offensichtlich suchten sie auch noch nach einigen Leuten, da Photos von Einzelpersonen an diesen Kontrollpunkten hingen. Schon eher unangenehm. Uns hat aber keiner genervt, bloede angemacht oder anderweitig belaestigt.


Die suedliche Route entlang der Taklamakan Wueste ist sonst einfach grossartig und spannend. Dort unten ist das Kerngebiet der Uighuren und man faehrt an vielen kleinen Doerfern vorbei, die zu 90 Prozent aus Lehmziegelhuetten bestehen. Es geht stundenlang durch die Wueste, an Sandduenen vorbei, ueber (noch) unausgebaute Wuestenpisten und sobald ein kleiner oder groesserer Fluss die Wueste durchkaemmt wird es gruen, die Felder sind dicht bewachsen und jede Menge Ziegen und aehnliches Viehzeugs huepft durch die Gegend.

Unser erster Stopp war in Yarkand, wo wir uns unbedingt den Sonntagsmarkt ansehen wollten. Yarkand ist geteilt in einen Chinesischen und einen Uighurischen Part, wobei letzterer fuer uns natuerlich weitaus interessanter ist. Wir machten uns gegen mittag auf zum Markt und es war unschwer zu erkennen, wo wir lang mussten - hunderte an kleinen E-Rickscha-Taxis pesten an uns mit Kind und Kegel und Ziegen und Kuehen und Schafen und Krims Krams und Fruechten entlang der Fleder vorbei. Auf dem Markt war totales Chaos, Menschenmassen, Eselskarren ueberall, Staub und Dreck, Fressbuden zu Hauf, "Boutiquen", Kuechenkrams und am Besten: ein Viehmarkt!! Da konnten wir es dann auch nicht unterlassen, mal die Preise zu erfragen: kleine Kueken gibt es schon fuer 35 cent, Esel fuer 2 Euro (kam uns allerdings etwas zu billig vor...), Schafe ab 130 Euro, Kuehe ab 300 und, am Besten von allen, Kamele ab 500 Euro!
In Yarkand kam auch die naechste Nationalitaet hervor, als die wir durchgehen koennten: als Pakistanis! Bis jetzt haetten wir Amis, Russen, alle moeglichen Europaer, Uighuren (!!!) durchgehen koennen. Dort wurden wir tatsaechlich gefragt, ob wir Pakistanis waeren...

Weiter ging's dann nach Hotan, dem Jadezentrum Chinas, wo wir uns eine Teppich- und eine traditionelle Seidenfabrik angeschaut haben. Ich wusste gar nicht, dass Teppiche knuepfen so eine ewige Prozedur ist und dass Seide eigentlich von jedem Tierschuetzer boikottiert werden muesste - die Kochen die armen Seidenraubenlarven einfach aus ihren Kokons raus und wickeln die Seidenfaeden auf. Danach sind alle Seidenraubenlarven totgekocht. Ganz schoene Sauerei!
Hotan ist sonst ein weiteres wunderbares Beispiel fuer Chinesische Umsiedlungspolitik: Der Grossteil der Bevoelkerung sind laengst Han, es gibt eindeutig Han bzw Uighuren dominierte Ecken, dar groesste Gebaeudekomplex ist die Militaerkaserne und auf dem obligatorischen Volksplatz steht eine riesen Statue von Mao wie er einem Uighuren die Hand schuettelt.

Naja, und eben ueberall die Parteifloskeln darueber, wie jeder einzelne seine Verantwortung zum Aufbau einer harmonischen Gesellschaft traegt, wie die Partei fuer die Bildung und somit den Fortschritt der Gesellschaft sorgt und wie jeder das Vaterland, die Partei, das Volk und seine Heimatstadt lieben soll.


Weiter ging's ueber Keriya mit seiner wunderschoenen uighurischen Altstadt, nach Cherchen und Charkilik. In den Orten selbst ist nichts los und wir haben dort nur die Naechte verbracht. Der letzte Part nach Golmud sollte noch ein Abenteuer werden. Erst ging's stundenlang ueber Wuestenpisten (die Chinesen erneuern Strassen nicht Abschnittsweise sondern immer gleich 100km auf einmal...und dann geht's quer durch die Wueste entlang der Strasse...)bis in die letzte Ortschaft in Xinjiang um dann von dort den letzten Bus Richtung Golmud zu nehmen.

Das war wieder so ein ueberalterter, ueberladener Bus und irgendwann musste es auf diesen Strassen ja passieren - 15km hinter der Ortschaft riss die Radaufhaengung ab und der Bus war hin...Netterweise existiert die Ortschaft da oben allerdings nur, da dort oben, ratet mal was!!! abgebaut wurde...Asbest verdammte Kacke!

Das war ne Asbestmine und wir mitten drin! Zum Glueck kannten ein paar Chinesen die Nummer vom Taxiunternehmen im naechsten Ort (eine Oelarbeiterstadt...) und somit sassen wir nur ca 2 Stunden dort fest und fuhren dann die letzten 70km in die Provinz Qinghai mit dem Taxi an Oelpumpen, Raffinerien und Oelpfuetzen vorbei...Aber schoene Berge gab's im Hintergrund und so eine wuestenaehnliche Hochebene hat schon so ihre Reize!
Hals und Beinbruch.

Der Franz

Donnerstag, 2. Juli 2009

Einmal Pakistan und zurueck

So, und da es so schone war, gleich noch ein paar Bilderchen...Freu mich immer ueber Kommentare - schreiben macht viel mehr Spass, wenn's ne Antwort gibt...

Die letzten paar Tage sind wir von Kashgar aus ab ins Gebirge in Richtung pakistanischer Grenze. Nicht einfach nur, um mal an der pakistanischen Grenze gewesen zu sein, sondern vor allem, weil der beruehmt-beruechtigte Karakorum Highway sich auf dem Wege dort hin durch ein atemberaubendes Gebirge schlaengelt.

Knapp 300km geht es bergauf immer am Fluss entlang, am Karakul-See vorbei bis man dann in Tashkurgan, dem letzten groesseren Ort auf chinesischer Seite 120km von der Grenze entfernt, rausgeschmissen wird. Wenn es schon in Turfan oder auch Kashgar ab und zu knapp mit dem Chinesischen wurde, war dann dort oben fast alles vorbei - die Mehrheit sind Tadschiken und nicht viele von ihnen sprechen Mandarin. Somit kommen dann wieder Haende und Fuesse ins Spiel der Kommunikation.

Tashkurgan war als Ort nicht weiter spannend, aber es ist erschreckend zu sehen, was ein recht kleiner Genpool da oben fuer Auswirkungen hat - grosse Unterschiede im Aussehen gab es tatsaechlich kaum. Dies mag allerdings auch daran gelegen haben, dass alle vom starken Wind rot unterlaufene Augen und eine Lederhaut vom Feinsten hatten...
Es ist faszinierend zu sehen, wie die Praesenz der Partei hier ganz im Westen in Form von riesen Slogans an den Haeusern und morgendlicher und abendlicher Massenbeschallung zunimmt, aber das "chinesische" immer mehr abnimmt. Ich frage mich ohenhin immer mehr, was ist eingentlich "chinesisch"? Das hier jedenfalls nicht mehr - ein vollkommen anderer Menschenschlag, anderer kultureller Hintergrund, andere Sprache, Lebensart usw. Aber die Allmacht der Partei haelt alles zusammen und baut in jedes noch so kleine Dorf mit drei Jurten eine Parteizentrale - auf dass jegliche Form vom so gefuerchteten Separatismus sofort erkannt und im Keim erstickt werden kann. So is ditte, wa...

Was dann auch so ist, ist dass die Chinesen, also Han, die sich hier in Kashgar eine der Moscheen angucken wollen, sich anstelle die Schuhe auszuziehen wenn sie die Gebetshalle betreten, eine Plastetuete ueber die Schuhe ziehen und die Frauen nicht im geringsten daran denken, sich ein Tuch umzubinden geschweige denn lange Hosen anzuziehen...Sogar ich hab meine lange Haare unterm Hut versteckt...


So, und damit seis genug fuer heute..
Der Franz