Mittwoch, 22. September 2010

Letzte Runde?!

Nu hatte ich mir ja eigentlich vorgenommen, etwas öfter hier zu schreiben und dann isses wieder nix geworden. Aber ich hatte wirklich einfach viel zu viel zu tun und nun ist die Zeit auch schon wieder so gut wie um - nächsten Dienstag geht mein Flieger...


Die letzten paar Wochen habe ich jede Menge bei meinem Praktikum gelernt, vor allem aber konnte ich einen echten Beitrag leisten: Meine Betreuerin hatte für den Datensatz, den wir da haben, photometrische Rotverschiedungen (wen wirklich interessiert, was das ist, der kann mich ja nochmal fragen...) mit einem bestimmten Programm berechnet. Nun habe ich letzten Semester einen Kurs belegt, der sich genau mit photometrischen Rotverschiebungen beschäftigt hat und habe in dem Zuge ein alternatives Programm zu eben jener Berechnung kennengelernt. Also habe ich es spaßeshalber mal laufen lassen, wovon meine Betreuerin auch sehr angetan war, da sie ihren Ergebnissen nicht ganz traute und gerne einen Vergleich gehabt hätte.
Wie sich herausstellte, war meine Variante etwas genauer und schöner und somit haben wir sie für die weitere Analyse übernommen. Was ich besonders nett fand, war, dass sie meine berechneten Daten für ein Proposal für weitere Beobachtungen verwendet hat (man muss, wenn man Beobachtungen durchführen will immer sein Projekt vorstellen und bekommt dann - oder eben nicht- die Beochatungszeit) und ich als 'Co-investigator' mit auf dem Zettel stehe... Hab ich zwar gar nix von, fetzt aber trotzdem!;)

In dieser Woche werde ich mein Projekt so gut es geht beenden, das, was ich da gemacht habe, versuchen zu dokumentieren, damit jemand, der das weiterführen will, in meinem Chaos auch durchsieht, und ich werde noch ein kleine Abschlusspräsentation meiner Arbeit geben. Es gibt also noch genug zu tun.

Von der Arbeit abgesehen, war ich natürlich an den Wochenenden auch wieder viel auf Achse. Ich stell hier ein paar Bilder wieder mit Kommentaren rein, will aber eigentlich nur von diesem Wochenende schreiben, weil es das spannendste war: Ich habe mir Freitag und Montag frei genommen, weil ich einen größeren Trip nach Green Island (录岛, Ludao) und Orchid Island (兰屿, Lanyu) vorhatte. Das Ganze war von vornherein eher flexibel geplant, da es ersten recht schwierig war, Zugtickets zu bekommen und zweitens es nicht ganz klar war wann und wie die Boote fahren. Zumindest schien das Wetter mitzumachen - so sagte es zumindest der Wetterbericht, den ich mir Donnerstag noch angeschaut hatte.

Der Trip fing ganz gut an - ich verpaßte knapp meine U-Bahn, die mich rechzeitig zu meinem Zug gebracht hätte, fand aber gleich einen verständnisvollen Taxifahrer, der mich mit 100 Sachen quer durch die Stadt lange vor Abfahrt zum Zug brachte (es war 6 Uhr morgens...) - und fuhr nun also ganz gemütliche 5 Stunden an der Küste entlang, durch Schluchten und nicht enden wollende Reisäcker bis fast ganz in den Süden nach Taidong (auch Taitung geschrieben). Auf dem Bahnhof gab es eine Touri-Info und auch einen Reiseveranstalter, der Touren zu eben beiden Inseln verkaufte. Ich fragte den Tourenheini, wie es denn mit den Booten so aussehen würde, wann sie führen usw und dann kams - an dem Tag gab es noch Boote nach Green Island, aber am Samstag wurde ein Typhoon erwartet und somit gäbe es bis einschließlich Montag keine Boote zurück auf's 'Festland'. Ich hatte aber nur Montag frei genommen und mußte Dienstag wieder im Büro sein!

Hm, kleiner Mann, was nun??? Alles für die Katz', Reise auf der ersten Etappe vorbei? Nein, es gab noch die Variante, am Montag mit dem Flugzeug zurückzufliegen. Also rief ich von der Touri-Info dort an und siehe da, es gab sogar noch Plätze am Montag in der letzten Maschine. Diese kam aber nur ca eine halbe Stunden vor meiner Zugabfahrt am Montag in Taitung an, aber dieses Problem verschob ich auf später. Zumindest kam ich zurück. Also, wie weiter mit den Booten? Ich rief im Hafen an, wann es denn Boote gäbe - das letzte für den Tag (also bis mindestens Dienstag) fuhr um 13.30 Uhr und es war...13 Uhr. Der Touri-Info-Mann zeigte mir schnell den Weg zum Bus, aber auch der war mir knapp vor der Nase weggefahren, also wieder ins Taxi. 13.29 Uhr saß ich mit ungefähr 7 anderen Gästen auf einem 300-Mann-Boot (300-Frauen-Boot klingt so doof ;)) - die anderen sahen aus wie Inselbewohner und ich war der einzige beknackte Tourist, der noch rüber fuhr.

Auf der Insel angekommen stand eine riesen Menschenmenge schon Schlange - alle verließen hektsich die Insel. Gut dachte ich mir - hab' ich die Insel für mich! Schließlich sollte der Typhoon Samstag kommen, Sonntag vorbei sein und Montag gäbe es bestimmt wieder Flüge. Ich sah das Boot abfahren und machte mich auf den Weg, eine Unterkunft zu suchen. Die Preise waren weit über dem, was ich erwartet hatte, aber ich schaffte es, mir ein schönes geräumiges Zimmer mit Meeresblick zu einem gar nicht sooo schlechten Preis zu erhandeln. Schließlich wollte ich ja drei Nächte übernachten, da kann man schon etwas raushandeln. Ich borgte mir das Fahrrad der Vermieterin für die drei Tage und machte ich auf Erkundungstour. Es war ja schon eine etwas seltsame Athmosphäre - alle Gäste weg, die Inselbewohner guckten mich komisch an, was ich denn da noch mache und es lag schon eine gewisse Spannung in der Luft.

Im Fernsehen zeigten sie tausendmal den Typhoon, wo er gerade war, wo er höchstwahrscheinlich hintreiben würde und wie die Leute sich vorbereiteten. Alles ganz schön dramatisch. Es war ein bischen wie auf einer Hallig vor Springflut - man kommt nicht weg, flüchtet auf seine Warft und hofft, dass alles gut wird. Nur das man weiß, dass man einen festen Gesteinskern und keine Sandbank unter den Füßen hat ;). Verdammtes Spühlsandmonitoring....

Die Insel sebst ist zur richtigen Zeit wohl ein sehr beliebtes Taucherziel, was ich leider nicht testen konnte, da alle ihre Läden dicht machten. Ich radelte die Ostküste entlang - die Idee der Hallig erwies sich noch mehr als Quatsch, da es viel mehr nach den Cliffs of Moher auf Irland aussah. Tolle Vulkanfelsen an denen sich der Pazifik zu schaffen machte, aber auch einigermaßen geschütze Buchten, in denen man sogar baden konnte - nur rausschwimmen ging nicht, die Wellen waren zu heftig und das Vulkansgestein zu unberechenbar, von der Strömung mal ganz abgesehen.

Als es dann komplett dunkel war radelte ich noch ganz in den Süden zu den heißen Salzwasserquellen, wo ich einen meiner Mitpraktikanten (also einen, der auch als DAAD-Stipendiat hier ist) traf, der zufällig auch grad mit Begleitung auf der Insel war. Die beiden hatten vor, am nächsten Tag (also Samstag) noch mit dem Flieger die Insel zu verlassen. Samstag verbrachte ich dann wandernd und mit weiteren Radtouren um die Insel herum - es gibt sogar einen tollen Campingplatz mit Meeresblick. Die Ostküste wirkte immer bedrohlicher und die Wellen wurden immer aggressiver, fast wütend. Ich sah die Einheimischen Bretter vor ihren Fensten insallieren und deckte mich dann doch noch mit ausreichend Keksen, Instantnudeln und natürlich Bier für die nächste Zeit ein - man weiß ja nie! Zum Abend hin kam das Meer immer näher an meinen kleinen Ort heran und das Wasser spritze inzwischen gute 10 Meter in Luft, wenn es die Felsen vor der Küste traf. Allerdings war noch keinerlei Wind zu spüren. Alles war nett und ruhig, nur eben die riesen Wellen.

Gegen Mitternacht ging ich pennen, nur um dann gegen 4 Uhr von einem wilden Pfeifen um mein Hotel herum geweckt zu werden. Dieses Pfeifen sollte die nächsten ca 12 Stunden ohne Unterlass so weitergehen, nur starker Regen gesellte sich später noch dazu. Der wiederum, blieb nochmal über 12 Stunden da. Netterweise kam der Wind aus Süden und mein Fensterchen zeigte nach Norden - ich konnte also ganz entspannt eben jenes Fensterchen öffnen, mir das tosende, zertauste Meer angucken und darauf warten, dass irgendetwas vorbeiflog, ein Mopped umkippte oder ähnliches. Kam leider nicht, nur der Fernseher ging nicht mehr und meine Infoquelle, wo der Typhoon nun genau war und wohin er ging war dahin. Es war ja nun schon Sonntag und ich mußte Montag wieder zurück, der Typhoon war einen Tag im Verzug nach meinem Plan... Jedenfalls genoss ich den Zwang zur Muße, las mein Büchlein, aß meine ollen Nudeln und gegen Abend hatte der Wind so weit nachgelassen, dass ich im Platzregen spazieren gehen konnte. Das Meer hatte sich inzwischen auch wieder beruhigt - gut, ich war im Norden der Insel bei Südwind, die Südküste sah garantiert etwas anders aus - der Fernseher ging auch wieder, aber Strom setzte ab und an noch aus. Zumindest hatte der Typhoon einen unvorhergesehenen Schwung nach Süden vollzogen (Eigentlich sollte er etwa mittig über Taiwan gen Westen hinwegziehen, legte aber an der Küste eine Linkskurve ein, ich war somit fast mitten drin.) und Kaohsiung ganz im Süden Taiwans hatte es schwer erwischt, mit überfluteten Straßen, unterspülten Gleisen und natürlich jeder Menge entwurzelter Bäume. Ob der ruhigen Luft und der noch 12 Stunden bevor ich fliegen wollte, war ich recht zuversichtlich, dass ich von der Insel runterkommen würde.

Und tatsache hatte der Regen am Montag morgen aufgehört und ich radelte zum kleinen Flughafen (auf dem Weg bewunderte ich die vielen kleinen Wasserfälle, die aus den Bergen flossen), um die Lage zu checken. Der war allerdings noch zu und der Polizist im Haus daneben, den ich fragt, wie es denn aussehe, rief hier und da an und konnte mir nur sagen, dass es keine Flüge geben sollte... Noch einen Tag auf der Insel festsitzen??? Es gab wirklich nichts mehr zu tun da und ob des aufgewühlten Meeres war auch schnorcheln keine wirkliche Option. Genau in dem Augenblick kam aber ein Flughafenmitarbeiter vorbei und meinte, dass es wohl gegen Mittag einen Flug geben sollte! Ich also nix wie hin und ließ mich auf die Warteliste setzen. Eigentlich hatte ich ja einen Flug gebucht, aber erst für 17 Uhr eben der wäre etwas knapp für meinen Zug gewesen. Und wer weiß, ob die dann überhaupt noch geflogen wären, so ein Typhoon macht, was er will... Um das hier mal abzukürzen hat es jedenfalls geklappt und ich saß dann fast auf dem Schoß der Piloten in einer kleinen Dornier 228 und freute mich des Lebens. Die Zugfahrt zurück war noch spannend, da ich einen gewissen Einblick in die Kraft des Typhoons gewinnen konnte. Überall waren die Bananenstauden umgefallen, Palmen abgeknickt, die Flüsse rissen eine ekelhaft graue Brühe Richtung Meer und das ganze Land sah einfach echt zerzaust aus. Es soll wohl auch einige Tote gegeben haben. Also fern von lustig so ein Typhoon.

Und nun hab ich euch lange genug nen Knopf an die Backe gelabert.

Der Franz