Dienstag, 7. April 2009

Wochenendausflüge

Seit neuestem strukturiere ich mir meine Woche immer so, dass ich wenigstens einen Tag am Wochenende komplett frei habe und nichts für die Uni machen muss. Das funktioniert
so weit ganz gut und somit überleg ich mir immer wieder neue Ausflugsziele. Diese gehen dann von Erkundungstouren durch Beijing und seine Hutongs, die Parks und durch DIE Teestraße (Malian Dao, 马连道) in Beijing, in der ich mich auch ordentlich mit Tee eingedeckt und auf chinesische Art Tee aufbrühen gelernt habe, über Touren nach Tianjin und nun am verlängerten letzten Wochenende in die chinesische Provinz.

Mein Lieblingsmitstreiter hier war vor ca. drei Jahren zum ersten Mal in China und hat zu dieser Zeit über die Jesuiten vermittelt in einem katholischen Nonnenkloster englisch gelehrt. Vor zwei Jahren war er über einen Austausch noch einmal dort und nun haben wir die Nonnen zusammen dort besucht. Wir fuhren erst mit dem Zug sechs Stunden nach Süden in die Stadt Handan (邯郸) und dann nochmals zwei Stunden mit dem Bus gen Osten nach Daming (大名). Da unten, bzw auch schon auf dem Weg, sieht man den Entwicklungsstand, der den größten Teil Chinas ausmacht - ungefähr der, den die Vororte von Addis Abeba haben. Ich fühlte mich an vielen Stellen tatsächlich an Äthiopien und auch Swaziland erinnert - jetzt, da es auch langsam wieder wärmer und staubiger wird. Außerhalb der großen Städte ist China einfach noch Entwicklungsland. Es gibt zwar keine Lehmhütten und überall wird abgerissen, neu gebaut, bewässert und es herrscht ein reges Treiben und Wuseln, aber der Müll und Dreck liegt überall herum, der Kleinsthandel floriert, man wird als Ausländer noch ordentlich angegafft und die meisten gehen auf rudimentäre öffentliche Toiletten. Der Verkehr ist gewohnt chaotisch, die Gefährte drei-rädrig (aber viele Elektro(!!!)roller) und an der Stelle, an der man in z.B. Äthiopien auf der Landstraße auf Rinder, Ziegen oder ähnliches Nutztier, das die Straße überquert, aufpassen muss, fahren und laufen dort ständig Leute über die Straße oder kommen einem einfach Geisterfahrern gleich entgegen - ein ewiges Zick-Zack, Ausweichen und Hupen.

Da Religion in China bekanntlich Staatsreligion heißt, bewegt sich auch die katholische Kirche hier auf einem schmalen Grat. Es gibt hier die sogenannte Erste Kirche, die sich ganz klar zur Staatsraison bekennt und angeblich mitunter Parteifloskeln in der Kirche aufhängt, die Zweite Kirche, zu der die Gemeinde in Daming gehört und die keinen offiziellen Kontakt mit Rom hat und vom Staat geduldet wird und dann gibt es noch die Dritte, die Untergrundkirche, die ganz strikt dem Vatikan folgt und nur insgeheim existiert. Jedenfalls habe ich es mir so erklären lassen und wenn hier etwas falsch ist, immer her mit den Korrekturen. Die Nonnen dort betreiben ein Altersheim, ein Heim für geistig bzw körperlich Behinderte und natürlich Missionsarbeit - in China nimmt, im Gegensatz zu Deutschland, die Zahl der Kirchenmitglieder wohl stetig zu. Wir nahmen auch an der Messe zum Palmsonntag teil - was ich in Deutschland nie mache, warum nicht in China... Auch eine solche Messe ist in China nicht ohne Geräuschpegel zu bekommen - die Kinder flitzen und rufen durch die Gegend und man unterhält sich gern. Die Nonnen dort haben sich wunderbar um uns gekümmert, auch wenn es teilweise ein wenig zu viel war. Aber diese ganze Gastfreundschaft ablehnen, geht auch nicht.

Zurück in Handan besuchten wir noch den dortigen Pfarrer, der uns ein wenig die „Zielgruppe“ der Gemeinde dort erläuterte - die ohne Hochschulabschluss und nur mit einer ganz grundlegenden Ausbildung versorgten, in ganz einfach Jobs arbeitende bzw. arbeitslose große Masse der Bevölkerung. Sie verfolgen viele Bildungs- und Sozialprojekte und erweitern dadurch ihren Einfluss - an der Stelle, an der der Staat versagt, tut die Kirche dann wichtige Arbeit und die Genossen (oder Schäfchen, wie man's will...) wandern über.

Das letzte Wochenende war das "chinesischste" Wochenende der letzten sieben Monate - von morgens bis abends nur Chinesisch, wahre chinesische Festessen mit dem Pfarrer (...) und dazu die Provinz, von der ich immer nur dachte "Hier muss doch mal jemand aufräumen! Räumt doch einfach mal den ganz Mist hier weg!" Aber diese Massen an Menschen logistisch zu versorgen, braucht noch einiges an Investitionen.